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Fluss Thiba |
In Blaue Fernen - Afrikanische Jagdabenteuer 1923 - 1924 in Kooperation mit dem Stadttheater Bern & Bern:Ballett und dem Naturhistorischen Museum Bern.
Freitag, 30. März 2012
Schlangenbiss und Querschläger
Unsere Streifjagden brachten uns an den Thiba zurück. Während wir dem Fluss entlang zogen, machte uns Ngondu auf eine dunkle Masse am andern Ufer aufmerksam, die wie ein im Gras liegender Felsen aussah. Bald erkannten wir, dass es ein Flusspferd war. Es richtete sich auf seinen kurzen Vorderläufen auf und sah nun mit seinen gegen uns gerichteten winzigen Lauschern genau wie ein überfetter gutmütiger Hund aus. Plötzlich bemerkte es uns, stürzte gegen den Fluss und tauchte unter. Noch beobachteten wir den Wasserspiegel, als Mutua einen Schrei ausstiess und rief, er sei von einer Schlange gebissen worden. Zufälligerweise hatte ich gerade die Taschen-Apotheke bei mir, als sie einmal nötig war. Brovie machte einen Einschnitt über der gebissenen Zehe, den wir mit den Kristallen füllten. Die Schlange selbst war von niemandem gesehen worden; es war aber wohl eine Giftschlange gewesen, denn das ganze Bein schwoll auf den doppelten Umfang an, und es dauerte viele Tage, bis Mutua es wieder gebrauchen konnte. Das waren überhaupt Tage voller Missgeschick: Kongoni glitt auf einem Felsen aus und schlug einen Splitter aus Brovies Büchsenschaft, Brownie stürzte in ein verborgenes Erdferkelloch, und als wir auf einen Flug Perlhühner gestossen waren und einige derselben erlegten, trafen mich zwei Schrotkugeln, die von einem Baum abprallten, in den Hals. Ich konnte mir gar nicht denken, was geschehen war, denn ich hatte nur ein Gefühl, als ob mich zwei Golfbälle sehr stark getroffen hätten. Dann, als ich Brahi ziemlich erschrockenes Gesicht sah, fühlte ich mit der Hand nach und bemerkte, dass mein Hals mit Blut bedeckt war. Es schien mir unfasslich, dass zwei abgetriebene Schrotkugeln noch solche Durchschlagskraft besassen, oder dass ein Perlhuhn einen Treffer überleben konnte, selbst wenn es nicht an einer tödlichen Stelle getroffen wurde.
Dienstag, 27. März 2012
Vorboten
Gestern: Wir mühten uns gerade mit den Maultieren ab - ein Sattelgurt war zu kurz - als der Pferdeboy kam. Er war ein ungehobelter Bengel mit einer Armbanduhr, aber er schien seine Arbeit zu verstehen — man musste nur sehen, wie er mit dem Sattel umging. Er kam rasch vorwärts mit seiner Arbeit, bald würden wir unsern ersten Galopp durch die Steppe machen. Plötzlich aber hielt er inne; etwas schien nicht zu klappen. Er drehte sich um und gab uns seine erstaunliche Entdeckung kund: der Gurt sei zu kurz. Brovie liess ihn nachher zu sich kommen, um ihn zu fragen, warum er sich nicht gleich bei seiner Ankunft gemeldet habe und warum er ihn nicht mit «Bwana» (Herr) anrede; er lachte ihm nur ins Gesicht, worauf Brovie ihm eine gesunde Ohrfeige gab, die sein Benehmen von da ab sehr vorteilhaft veränderte. Brovie hatte in der Frühe kein Glück gehabt; er hatte zwei Büffelbullen schwer krankgeschossen, doch konnten sie beide noch in den unwegsamen Sumpf hinein flüchtig werden. Darin lag gerade die Schwierigkeit dieser Jagd; Büffel waren in grosser Zahl vorhanden, doch wenn es nicht gelang, sie auf dem schmalen Streifen Grasland, den sie zur Äsung aufsuchten, zur Strecke zu bringen, dann waren sie für den Jäger verloren. In der darauffolgenden Nacht erlegte Brovie eine Hyäne und hätte sie auch bergen können, wenn nicht ihr Genosse, während sie noch am Verenden war, begonnen hätte, sie zu verzehren. Es entspann sich ein wütender Kampf, Brovie hörte ihr Scharren und Fauchen in der Dunkelheit. Darauf gelang es dem verendenden Tier, in ein Erdferkelloch hinab zu rutschen, so dass weder Brovie noch ihr Gefährte sie wieder zu Gesicht bekamen. Kongoni schüttelte missbilligend den Kopf; eine Hyäne zu schiessen bringe Unglück, und Brovie würde nun nie wieder einen Löwen erlegen. So lächerlich dieser Aberglaube war, so stand doch das ganze Lager unter dem Eindruck dieses Zwischenfalls. Wir wären selbst davon angesteckt worden, wenn es uns nicht angespornt hätte, den Aberglauben so rasch wie möglich zu widerlegen.
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Brovie im Sumpf |
Ein Ruhetag
In den letzten Tagen gelangen mir einige Aufnahmen, die ich Euch nicht vorenthalten möchte. Unser Ruhetag vor zwei Tagen gab mir die nötige Zeit, alles in Ordnung zu bringen. Um dem Wunsch der Premierenklasse zu entsprechen, seht Ihr hier einige Aufnahmen aus unserem Lager. Auf dem oberen Bild lässt sich gut erkennen, wie wir unsere erbeuteten Felle trocknen. Weitere Bilder folgen!

Und hier der Fluss Thiba, an dem wir in Ruhe angelten und uns erholten:


Donnerstag, 22. März 2012
Mein erster Schuss
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Dort ganz rechts aussen steht "mein" Hartebeest. |
Jetzt sitze ich im Lager und bin immer noch deprimiert. Was kann ich den zu dieser Expedition beitragen, wenn ich nicht einmal eine alte Alcelaphus buselaphus treffe?
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Büffel
Nach den zwei Löwen hatten wir gestern wieder Glück. Wir spürten eine Büffelherde auf
und Brovie erlegte auf 100 Meter Distanz mit seiner kleinen 318 Westley
Richards einen kapitalen Bullen. Wenn man einen Büffel zum ersten Mal
unmittelbar vor sich liegen sieht, so macht er einen mächtigen Eindruck.
Wir fünf mussten alle Kraft aufwenden, um ihn auf den Rücken zu wälzen.Wir
übernachteten an Ort und Stelle, entfachten ein grosses Lagerfeuer und ich briet
ein Stück Büffelfleisch auf dem Feuer. Auch Brovie probierte ein Stück, auch
wenn es ihm nicht sonderlich schmeckte. Wohl auch nur um der Romantik willen. Denn so im
offenen Grasland am Feuer neben unserem erlegten Büffel zu nächtigen, ohne
Decken und Proviant, angewiesen auf halbgeröstetes Büffelfleisch, um unseren
Hunger zu stillen, liess ihn sicher nicht unberührt.
Bilder konnte ich auch zwei machen:
Bilder konnte ich auch zwei machen:
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Posieren mit unserem ersten Büffel |
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Brovie, der Büffel, unser Gewehrläufer Kongoni und die Boys |
Dienstag, 20. März 2012
Ein Freudentag – Löwen!
Gestern
Morgen stiessen unsere Späher auf vier Löwen. Die Nachricht versetzte das ganze
Lager in Aufregung. Wir machten uns sofort auf den Weg und fanden nach einiger
Suche die 2 Späher, die zurückgelassen worden waren, um die Stelle zu
markieren. Doch scheinbar war es schon zu spät. Kein Löwe war mehr zu sehen im
hohen Schilfrohr, das sich meilenweit erstreckte. Doch plötzlich schnellte
beinahe vor unseren Füssen etwas Gelbes in die Höhe. Einen Augenblick lang
waren knurrende, fauchende Löwen ringsum. Ich zählte sieben im Ganzen, die nun
nach allen Richtungen flüchtig wurden. Einer, ein halbausgewachsenes Junges,
schrak zurück und sprang dann, nur wenige Schritte an mir vorbei, den andern
nach. Brovie traf geistesgegenwärtig einen Löwen tödlich und verwundete einen
zweiten, der kurz darauf verendete. Es war ein Riese! Wir mussten beiden an Ort
und Stelle abstreifen, während es langsam dunkler wurde. 15 Träger brauchte es,
um die beiden Löwen zurück zu schaffen. Als wir
uns dem Lager näherten, wurden uns lodernde Fackeln entgegen geschwenkt,
und mit Jubelgeschrei liefen uns die Zurückgebliebenen entgegen. Bevor wir
wussten, wie uns geschah, ergriffen sie uns, hoben uns auf ihre Schultern und
trugen uns im Triumph ins Lager. Der Gesang wurde lauter und lauter, die ganze
wilde Prozession bewegte sich in einer Art hüpfendem Tanz vorwärts. Sie
erreichte ihren Höhepunkt, als wir das Lagerfeuer erreichten. Es war ein wildes
Schauspiel, diese halbnackten, mit Asche weissbemalten, mit Grasbüscheln
geschmückten Wilden in ihrem Tanz um das Feuer, das sie seltsam beleuchtete. Wir
fanden nie heraus, wer der Urheber dieser Demonstration gewesen, sie endete mit
einem Bakschisch für jedermann, womit wir vermutlich einen kurzsichtigen
Präzedenzfall schufen, aber ausser unserer Freude über den ersten Löwen zählte
heute nichts mehr. Es war in der Tat ein wunderbarer Glücksfall gewesen, und
erwünscht kam er uns auch, denn es bedurfte schon der Erlegung eines
schwarzmähnigen Löwen, um die Erinnerung an den schlechten Anfang zu
verwischen.
Samstag, 17. März 2012
Jagdglück
Die ersten
Tage auf Jagd waren aufregend. Gestern Morgen, wir hatten gerade einige
Perlhühner aufgescheucht, kniete Brovie nieder und anlegte an. So sehr ich auch
spähte, ich konnte nichts entdecken. Da tauchten auf seinen Schuss ein halbes
Dutzend Tiere mit rostrotem Rücken aus einem Grasfleck auf, gerade dort, wo ich
sie vergeblich gesucht hatte, und flohen davon. Es waren Impala-Antilopen
gewesen, eine davon mit kapitalem Gehörn, wie Brovie sagte. Er jagte hinter
ihnen her, feuerte noch zweimal und kam nach Ablauf einer Stunde zurück,
nachdem er das Rudel im Dickicht verloren hatte. Das war ein peinlicher
Umstand, denn seit Anbeginn fühlten wir uns von unserer Gefolgschaft mit
skeptischen Blicken beobachtet, und bisher hatte noch nichts zu unseren Gunsten
gesprochen. Über einer so beschämenden Situation durften wir die Sonne nicht
untergehen lassen, und nachdem wir einen Lagerplatz gefunden hatten, machten
wir uns mit einem kleinen Stossgebet um ein besseres Jagdglück auf die Pirsch.
Ausser einer alten Büffelfährte sahen wir jedoch keine Spur eines lebenden
Wesens, und die anbrechende Nacht liess uns schon umkehren, als Kongoni
unmittelbar vor uns einige Impalas entdeckte. Brovie nahm sich diesmal Zeit,
zielte mit grösster Sorgfalt und war überzeugt, den Bock getroffen zu haben,
aber unser fruchtloses Nachsuchen und das Fehlen jeglicher Spur von Schweiss am
Anschuss liessen uns wieder daran zweifeln, als wir im hohen Gras unversehens
auf den verendeten Impala stiessen. Das war ein grosser Augenblick. Die Boys
fielen über ihn her, zerhackten und zerschnitten ihn, indem sie sich bis zu den
Ellbogen mit Blut besudelten, bis nichts als ein dunkler Fleck am Boden übrig
war und jeder Schwarze seine Last an Wildbret hatte. Bis daher hatte ich mir nie
diesen Teil des Jagens vorgestellt, und als das verendete Tier mit seinen
sanften Augen vor uns lag, hätte ich alles dafür gegeben, dass die Kugel auch
diesmal ihr Ziel verfehlt hätte. Das Gehörn war leider nur mittelmässig, und
wir fanden nachher, dass unser Jagdpass uns nur noch drei Impalas erlaubte. Und
doch war es der Mühe wert gewesen, denn der Erfolg brachte das Lager in die
hoffnungsfreudigste Stimmung und ich bekam mein erstes Jagdfoto!
Wir sassen an unserm ersten Lagerfeuer, und während wir zusahen, wie die hellen Flammen die Finsternis fernhielten und unser Zelt und die schützenden Bäume in ihren traulichen Kreis einschlössen, fühlten wir uns durchdrungen von der wahren Zufriedenheit des Jägers seit Urbeginn. Dies würde ein herrliches Leben werden, und ich begann mich mehr und mehr meiner Tränen über den erlegten Impala zu schämen, besonders, da ich gerade in seine frischgeröstete Leber mit der gleichen Lust einhieb wie irgendeiner im Lager.
Wir sassen an unserm ersten Lagerfeuer, und während wir zusahen, wie die hellen Flammen die Finsternis fernhielten und unser Zelt und die schützenden Bäume in ihren traulichen Kreis einschlössen, fühlten wir uns durchdrungen von der wahren Zufriedenheit des Jägers seit Urbeginn. Dies würde ein herrliches Leben werden, und ich begann mich mehr und mehr meiner Tränen über den erlegten Impala zu schämen, besonders, da ich gerade in seine frischgeröstete Leber mit der gleichen Lust einhieb wie irgendeiner im Lager.
Donnerstag, 15. März 2012
Schritt für Schritt für Schritt
Von Thaika nach Fort Hall war es noch ein weiterer Tag auf gebahnten
Strassen. Weiter ihre Hitze und ihren Staub einatmen, mit
halbgeschlossenen Augen und mit keinem andern Gedanken ausser dem, wie
viele lange Meilen wir noch abmarschieren müssen. Jetzt in Fort Hall
geht es endlich herunter von der Strasse. Wir marschieren weiter auf einem
schmalen Pfad durch hohes Gras, über kleine Hügel und quer durch
Bachbette mitten hinein in das Dickicht um den oberen Tana. Hier
erwarten uns keine Dörfer mehr, keine gebahnten Wege, nur Wildnis, wilde
Stämme und wilde Tiere. Wir werden auf Lichtungen unsere Zelte
aufschlagen und Flüsse durchqueren. Bisher sieht das Ganze aber noch eher nach einem
Campingurlaub aus:

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Sonntag, 11. März 2012
Auf Schienen
Nach der Ankunft in Mombasa, ging es direkt weiter auf den Zug nach Nairobi, wo wir Träger anheuern und unsere Ausrüstung vervollständigen wollen. Wir hoffen auf einen schnellen Aufbruch, denn wir haben bereits von einem Jagdgebiet am obern Tana gehört, dass sich vielleicht lohnen könnte. Doch in der Nacht finde ich keinen Schlaf: Der Mond scheint abwechselnd bald in das eine Fenster, bald in das andere, während der Zug sich durch das ersehnte afrikanische Grasland windet. Wir glauben in unserer Ungeduld, den Tagesanbruch nicht mehr erwarten zu können.
Zur Einstimmung auf unsere Abenteuer lese ich das Buch The Man-Eaters of Tsavo von Lieutenant-Colonel John Henry Patterson (einem Schotten!) über die Fertigstellung dieser Bahnlinie, die erst vor 20 Jahren, 1903, ihren Betrieb aufnahm. Die Gegend um den Tsavo River wurde während der Bauzeit immer wieder von zwei Löwen, den sogenannten Man-Eaters heimgesucht. Die Man-Eaters griffen immer wieder Arbeiter an, bis es Patterson schliesslich gelang, die beiden zu erlegen und die Bahnlinie fertigzustellen.Wie er die dann die Brücke fertigbaute, beschreibt er eindrücklich hier...
Unter Vorstellungen unserer eigenen Löwenjagden und dem Donner der Tsavobrücke in den Ohren verfalle ich in festen Schlaf. - Das Rumpeln der Räder weckt mich am nächsten Morgen. Die Regenzeit ist gerade vorüber. Alles ist grün wie ein Park, die Atmosphäre so leuchtend klar, dass, fast hundert Meilen entfernt, der schneebedeckte Gipfel des Kilimandjaro wie eine weisse Wolke am Himmel hängt. Aus Hügeln und Busch gelangen wir allmählich in offeneres Gelände, die Athi-Hochebene, eine ungeheure Grasfläche, die im Winde wogt wie ein Meer. Solange es aufwärts ging, hatten wir uns fast die Augen aus dem Kopf geschaut, um Wild zu entdecken und sahen auch richtig einige Giraffen und dann und wann ein Hartebeest (Kuhantilope) — hier aber grasen ganze Herden von Hartebeests, Gnus, Gazellen und Zebras buchstäblich neben dem Geleise und heben kaum die Köpfe, als der Zug vorüberdonnert.
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J.H.Patterson inspiziert die Brücke über den Tsavo River |
Unter Vorstellungen unserer eigenen Löwenjagden und dem Donner der Tsavobrücke in den Ohren verfalle ich in festen Schlaf. - Das Rumpeln der Räder weckt mich am nächsten Morgen. Die Regenzeit ist gerade vorüber. Alles ist grün wie ein Park, die Atmosphäre so leuchtend klar, dass, fast hundert Meilen entfernt, der schneebedeckte Gipfel des Kilimandjaro wie eine weisse Wolke am Himmel hängt. Aus Hügeln und Busch gelangen wir allmählich in offeneres Gelände, die Athi-Hochebene, eine ungeheure Grasfläche, die im Winde wogt wie ein Meer. Solange es aufwärts ging, hatten wir uns fast die Augen aus dem Kopf geschaut, um Wild zu entdecken und sahen auch richtig einige Giraffen und dann und wann ein Hartebeest (Kuhantilope) — hier aber grasen ganze Herden von Hartebeests, Gnus, Gazellen und Zebras buchstäblich neben dem Geleise und heben kaum die Köpfe, als der Zug vorüberdonnert.
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